Verschwendete Verschwendung

thomas_editorialSteuergeld ist nicht weg. Es hat nur gerade ein anderer.

Es ist ein Ritual: Jedes Jahr legt der Bund der Steuerzahler ein „Schwarzbuch“ über die öffentliche Verschwendung vor, mittlerweile im 44. Jahrgang. Seit 44 Jahren gibt es über geschilderte Beispielfälle empörte Aufschreie in Medien, oppositionelle Proteste sowie ein wütendes Bürger-Schimpfen über maßlos ausgegebene Steuergeld-Milliarden. Als schlimmste Verschwendung in Sachsen-Anhalt wird die touristische Erschließung des Geiseltalsees bei Braunsbedra im aktuellen Buch aufgelistet. Die Kosten seien einst mit 17,5 Millionen Euro öffentlichen Geldern geplant worden. Inzwischen lägen sie bei 25 Millionen Euro. Hat die scharfe Kritik über die vergangenen Jahre irgendetwas verändert oder bewirkt? Sind Verurteilungen verantwortlicher Politiker, Verwaltungsmitarbeiter oder anderer involvierter Personen bekannt geworden? Eher nicht. Und nach Erscheinen des 45. Schwarzbuch-Jahrgangs 2017 wird außer erneutem Tamtam wieder nur das Murmeltier grüßen. Die Frage muss vielmehr lauten: Wer ist eigentlich jeweils der Dumme? Politiker, die nichts ändern? Beamte, die weitermachen wie bisher? Der geschundene Bürger, dem das Geld aus der Tasche gezogen wurde? Oder doch der Bund der Steuerzahler, der wie ein einfältiger Don Quijote wieder und wieder wirkungslos gegen Windmühlen anstürmt? Also mal Klartext: Kritik an ausufernden Kosten oder scheinbar unnötigen Projekten ist wichtig und richtig. Doch was wird eigentlich kritisiert? In der Regel nur, dass der Plan halt nicht so aufgegangen ist, wie ursprünglich aufgestellt. Da könnte man den Planern mangelnde Erfahrung oder gar Dummheit vorwerfen, Politikern möglicherweise fehlende Gründlichkeit bei der Prüfung und Entscheidung. Stimmt. Wie oft gelingen Ihre privaten Pläne? Wie oft wurde Ihnen schon Verschwendung vorgeworfen? Für sinnlose Autofahrten, überflüssigen Tinnef, gekaufte Billigware, die nach kurzer Zeit ersetzt werden muss oder andere rausgeschmissene Beträge komische Sinnlosigkeiten. Jetzt kommt der Einwand: Das ist mein Geld und damit kann ich machen, was ich will! Richtig. Es könnte jedoch sein, das der prozentuale Anteil einer persönlichen Verschwendung größer ist als der einer öffentlichen. Wer beurteilt was wie und wer legt welchen Maßstab an? Das ist die Frage! Fakt ist auch, das Geld ist nicht wirklich weg – vorausgesetzt es war überhaupt da bzw. es handelte sich bei den Ausgaben nicht um aufgenommene Schulden. Es hat doch ohnehin nur ein anderer. In jedem Fall der Zahlungsempfänger des öffentlichen Auftrags. Und was ist derjenige in der Regel? Ein Steuerzahler. Auch wenn die Finanzverwaltung nicht jeden vorsätzlichen Steuersünder fasst, niemand kommt bei höheren Einnahmen um höhere Abzüge herum. Das ist keine Rechtfertigung für Verschwendung, aber ein Ansatz, warum manchmal viel Wind um wenig Inhalt verschwendet wird, genauso wie bei Ihnen im privaten Bereich zu Hause. Thomas Wischnewski