Mit den Magdeburger Ratsherren ist nicht gut Kirschen essen. 1325 wurde der Erzbischof Burchard III. im damals neuen Ratskeller erschlagen, weil der die Bürger rücksichtslos mit hohen Steuern aufs Bier belegt hatte. In guter Tradition richten die heutigen Ratsherren nun über Otto den Großen und ersten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Sein sommerliches Fest würde seiner kulturhistorischen Bedeutung nicht gerecht werden und als vorrangig mittelalterliches Trink- und Fressgelage verkommen. Ergo werden dem Kaiser-Fest die Mittel gekürzt. Ratsherr Wigbert Schwenke von Ottersleben zeterte im höchsten Bürgerhaus, dass das professionell organisierte Spektakel seines ursprünglich gesetzten Anspruches nicht gerecht würde. Postfaktisch und unter gefühltem Wahrhaftigkeitsmaßstab ließ auch Ratsherr Sören Herbst kein gutes Haar am Treiben um des Kaisers Hof. Viel zu mittelalterlich ginge es da zu. Der brave Bürger wundert sich über die vielstimmige Ratsherren-Empörung. Waren die hohen Volksvertreter möglicherweise gar nicht auf dem Festplatz gewesen? Bei keiner Gelegenheit im Verlaufe des Jahres wird so viel Geschichtsträchtiges lebendig dargestellt und aufgeführt. Und das Ganze an einzigartiger Stelle, im Schatten der Domtürme entlang des Fürstenwalls. Wer sich die Besucher aufmerksam besah, hätte viel fahrendes Volk aus fremden Gegenden gesehen. Fraglich ist auch, welcher Qualitätsmaßstab den Ratsherren ins Hirn gewachsen ist. Eine konkrete Messlatte konnte in der Debatte niemand benennen. Möglicherweise dünstete noch Met-vernebelnde Wirkung durch die Denkorgane manches hohen Rates. Sogar die Herbergsväter hatten während des Kaiser-Trubels gute Geschäfte gemacht. Der Ratsherr Wigbert meinte indes, dass die Kartoffelschäler von Ottersleben allemal eine größere Attraktion seien als der Volksauflauf um den Kaiser. Es ging nicht nur mit Apfel- und Birnen-Vergleichen hoch her in der Ratsdiele, vor allem wirft man dort gern mit Küchenabfällen auf die Majestäten und ihr Gefolge. Ein Wunder, dass sich der Kaiser nach der Diskutiererei nicht gleich im Grabe umgedreht hat und das Weite von Magdeburg suchte. Gut Ding will Weile haben – die alte Weisheit unserer Vorfahren möchte man manchem Heißsporn im Rathaus zurufen. So braucht eben der Ruhm um das Spektakel seine Jahre, um sich im Land herumzusprechen. Einfach mehr Mittelalter wolle man in den Stadtmauern nicht dulden, wetterten die Kritiker. Die Stadtkasse soll ergo weniger ausspucken. Einen versuchten Kaiser-Mord müsste man eigentlich mutmaßen. Man möge die Herren auf den Umstand aufmerksam machen, dass Otto I. ein Mann des Mittelalters war und kein neumodischer Kartoffelschäler. Vielleicht wirkte bei der Ratsherren-Entscheidung mittelalterlicher Geist mit. Den zu vertreiben – dafür könnte man Verständnis aufbringen, allerdings wäre das für die Stadtkasse unbezahlbar. Thomas Wischnewski