Von Musikers Seelen und maritimen Metaphern

190515PG_Jesko3Musiker / Songwriter
Jesko Döring besieht das musikalische
Magdeburg. „… übers Meer, übers Meer, durch die Nacht, durch den Wind. Bis sie zuhause sind …“ Genau. Erstmal übers Meer. Weg von hier. Heilung.  Weit draußen. Auf dem Meer. Durch den Wind. Sicher wird es windig. Ach was: stürmisch! Dieser Weg soll ja auch kein leichter sein. Iiiih! Aber dann sind wir irgendwann zuhause. Ja! An unserem Ziel.

Dort, wo alles etwas besser ist, wo die Menschen liebevoller zu uns sind und Liebe überhaupt zentrales Thema unseres Seins zu sein scheint; wo es sich also leichter anfühlt, das Leben. Sicher, das ist höchst unklar formuliert, aber das macht es erträglicher. Und für sowas gibt es beispielsweise solche maritimen Metaphern, wie die von JESKOM aus seinem Erst- und bislang befürchteten Letztlingsalbum namens WIND. Da schwimmen Fische in Netzen, liegen Menschen sehnsuchtsvoll in Dünen, nehmen Abschied im weißen Wind. Das Phänomen dabei ist die Allgemeingebräuchlichkeit all dieser Metaphern für die eigene Person. Jeder Einzelne seelbesorgt sich etwas aus dem reichhaltigen Angebot der Tröstertheke. Nur ist den Wenigsten dabei geholfen. Was deutlich macht, dass das Leiden, die Melancholie, manch erkannte Lethargie und wenn möglich und erträglich: die kleine Depression durchaus akzeptierte Lebensbegleiter sind.

Wie macht das ein Musiker in Magdeburg dann eigentlich mit sich selbst? Für solche Leute muss doch schließlich auch gesorgt werden. Bei Jesko/m ist es so, dass er anfangs aus den eigenen Texten zehrt. Das geht leider nicht lange gut und so muss er, seinem Gespür für Hoffnung folgend, weitertexten und -komponieren. Oder sich mit anderen zusammentun und was Neues erfinden. Aber gehen die ganzen Töne nicht sachte zur Neige? Ist nicht alles schon mal dagewesen? Seit Tschaikowsky – der heimliche Begründer moderner Rock- und Popmusik, harte Riffs in seinen stürmischen Symphonien über die Schwanenseen  jagte (wir bleiben maritim), scheint es nur noch eine Frage der Neuanordnung längst bekannter Töne zu sein. Und selbst das muss man können.
Und wo kann man das? Um metaphertreu zu bleiben: überall rings um die traumtransportierende Elbe. Songwriter gehen ins BlueNote, den Nachdenker, ins Jakelwood oder Volksbad, größere Konzerte gibt man in der Festung, Factory oder Feuerwache, während Moritzhof, Schauspielhaus oder Grüne Zitadelle weitere klangkulinarische Spezialitäten auf ihrem Fahrplan haben. Die lange Liste livehaftigen Labsals ist hier nur angerissen – es gibt eine Fülle weiterer Auffangstationen.

Sehr schön. Aber wie weiter mit JESKOM? Im stillen Stübchen sucht der Weltfriedensbegeisterte nach weiteren Impulsen, die sich mangelnder Traurigkeit wegen nicht recht einstellen wollen. Stattdessen wird er lustig. Auch das noch. Selbstverrat? Künstlerischer Suizid? Nein, stattdessen geht der bisher eher weitschweifende Blick jetzt in das nähere, reale Universum namens Magdeburg. Auf den Boden der Tatsachen. Natürlich mit weiterhin ausreichend maritimer Färbung. Dafür gibt’s ja die Elbe, die uns entweder hier her oder von hier fort bringt. Und was ließe dabei mehr Raum für multisensationelle Assoziationen als der leuchtende Schriftzug an der historischen Hubbrücke, den der Künstler Maurizio Nannucci mit „von so weit her bis hier hin – von hier aus noch viel weiter“ extra für JESKOM und Magdeburg schuf? Als besagte Installation nach törichtem Vandalismus unter großer öffentlicher Anteilnahme wiederbelebt wurde, schlug die Welle jeskom’scher Inspiration hoch und es entstand der Song „Von hier aus“. Über den Mut und Aufbruch, für Veränderung und ein spontanes gemeinschaftliches Gefühl, an das man sich gerade in Magdeburg gut und vor allem gern erinnert.

Aktuell produziert JESKOM ein neues Lied für Magdeburg. Und natürlich wieder was Gemeinsames. Weil es stark und mutig macht. Anlässlich der 5. KinderKulturTage im Juli entsteht mit der SWM Gewinner-Band „AnSpielung“, dem Chor und der Bläserklasse des Norbertus-Gymnasiums und dem Heartdisco-Studio ein echter Ohrwurm, der sich in die Planken jener Schiffe krallt, die gleich einem Katamaran durch den frischen Frühlingswind der Traurigkeit davon … ach komm schon. Ja, das wird gut. Aber es wird auch wieder besser. Ahoi.

Jesko Döring – Sänger, Songwriter und „Kopf“ der Band Jeskom – schrieb u.a. das neue Magdeburg-Lied für die KinderKulturTage 2015.

www.jeskom.de