Wie „Ribbecks Birnen“ das Volk aufmischen

Ribbeck_querDeutsche Befindlichkeiten 25 Jahre nach der Wende

Kennen Sie die Geschichte des Herren von Ribbeck? Theodor Fontane hat ihn mit seinem Gedicht berühmt gemacht. Im Brandenburger Land hat man sich auf den Birnen verschenkenden Herrn besonnen und ihn zum Werbefaktor gemacht.

Schriftsteller Friedrich Christian Delius ging noch einen Schritt weiter, in seinem Buch „Die Birnen von Ribbeck“ – alles andere als Obstfachlektüre. Vielmehr geht es um deutsch-deutsche Befindlichkeiten. Anlass ist ein Dorffest. Nach dem „Fall der Mauer“ 1990 kommen westliche Besucher in den Osten, pflanzen einen Birnenbaum und laden die Einheimischen zum Feiern ein. Es fließt reichlich „Obstwasser“, was die Gespräche ausschweifen lässt. Bis ein Ribbecker Bauer eine Suada startet über die Historie seines Dorfes vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Fall der Mauer. Leidenschaftlich, mit Witz und Offenheit redet er gegen Geschichts- und Gedächtnisverlust an. Einen Birnenbaum pflanzen in einem Ort, der für seine Birnen berühmt ist? Das wird Symbolik fürs Land. Keine Jammergeschichte a la Ostalgie. Hier hat ein „Westautor“ die Situation betrachtet. „Er hinterfragt die ganze Wende“, sagt Michael Günther, „dabei spricht er vielen Menschen direkt aus dem Herzen.“ Das gibt dem Buch das Besondere. Kammerspiele-Autor Dirk Heidicke hat ein Bühnenstück daraus gemacht. Schauspieler Michael Günther wird damit ab 26. Februar in der Feuerwache zu erleben sein. Praktischerweise im „Café Hirsch“, das für den Handlungsort schon einiges an Kulisse bietet. Der wird vom Dorfplatz in die -kneipe verlegt. Das ganze Buch auf die Bühne zu bringen würde um die drei Stunden brauchen, weiß Günther. Die Adaption ist wesentlich kürzer, doch im Worte gleichbleibend. Änderungen verbietet das Verlagsrecht. Die Bühnenvariante ist eine Mischung aus Lesung und Schauspiel. Diesen Spannungsbogen zu schaffen, war die größte Herausforderung, erzählt der Schauspieler. Dabei haben die Voraufführungen im Dezember geholfen, erklärt er. So wurde spürbar, dass der zunächst geplante Kontrast zur reinen Lesung nicht ganz funktioniert wie erhofft, da gab es dramaturgische Änderungen. Gleich geblieben ist der Inhalt. 25 Jahre nach Veröffentlichung der Erzählung geht das Ensemble der Kammerspiele Magdeburg der Frage nach: Wie ist die heutige Sicht auf die Dinge? Ist zusammengewachsen, was zusammen gehört? Wie aktuell ist Delius’ Erzählung? Reaktionen bei der Voraufführung zeigten: Aktuell! Überzeugen Sie sich selbst. Ab 26. Februar in der Feuerwache.  Birgit Ahlert

„Die Birnen von Ribbeck“.
Premiere: 26. Februar, 19.30 Uhr, Feuer-
wache Sudenburg, Halberstädter Straße 140.
Karten unter Tel. 0391/ 60 28 09 und
www.kammerspiele-magdeburg.de