Wie alt ist der gut erforschte Nichtwähler?
Bald dürfen wir wieder wählen. Sogar Nichtwähler haben die Wahl, ob sie wählen oder eben nicht. Was Wähler wählen werden, wird bereits vielseitig diskutiert. Fakt ist auch schon, dass sich ein bedeutender Teil der Bürger mit ihre Stimme der AfD zuwenden wird. Mit besonders großer Spannung schauen Wahlforscher, Politiker und andere Interessierte auf die große Schar der Nichtwähler. In Parteien hofft man, unter den Stimmverweigerern noch einige zu erreichen, die ihr Kreuz bei der entsprechenden politischen Farbe machen könnten.
Die Nichtwähler sind die wirklich wichtigen Wahlentscheider, weil stets jemand sagt, wer nicht wählt, wählt am Ende die Falschen. Wegen dieser wichtigen Entscheidungskraft stehen die Wahlmüden unter intensiver Beobachtung. Ganze Politikforscherarmeen widmen sich der Analyse, um herauszufinden wer diese Nichtwähler sind und warum am Abstimmungsritual nicht teilnehmen wollen. Bis ins Kleinste sind sie seziert, begutachtet und beschrieben worden. Vor allem Menschen unterer sozialer Milieus würden kaum Lust verspüren, sonntags Kreuzchen zu machen. Im Wahlergebnis is ihre Meinung dementsprechend unterrepresentiert. Kurz gesagt: Es wählen also vorrangig solche, die etwas verlieren könnten. Oder anders herum geschlussfolgert: Wer nichts mehr zu verlieren hat, glaubt kaum noch, durch eine Wahl, etwas zu gewinnen. Eine wichtige Betrachtung bei der Untersuchung der Nichtwähler ist in zahlreichen Umfrage-Veröffentlichungen nicht zu finden: Angaben über die Demographie der Nichtwähler. Das statistische Landesamt hat auch nur Zahlen über Wähler, nicht die der anderen. Glaubt man erfahrenen Wahlvorständen und deren Beobachtungen, tauchen in Wahllokalen hauptsächlich Bürger reiferer Jahrgänge auf. Junge Wähler scheinen eine Ausnahme an der Urne zu sein. Wenn das so ist, dürfte die Nichtwählergemeinde künftig wachsen. Wahlrecht und Demokratie, wie wir sie kennen, erzeugt offensichtlich wenig Anziehungskraft unter der Generation Zukunft. Es bleibt die Frage, warum Ergebnisse über Nichtwähler-Untersuchungen keine Angaben zur Altersstruktur enthalten? Könnte etwa eine unangenehme Wahrheit dahinter stecken? Man müsste mutmaßen, dass „ein Teil der Antworten die Bevölkerung verunsichern würde“. Dieser legendäre Ausspruch des amtierenden Bundesinnenministers Ende letzten Jahres legt die Vermutung nahe, dass Politiker generell wenig Vertrauen gegenüber Bürgern besitzen. Menschen wissen, dass nur Vertrauen Vertrauen schafft. Möglicherweise liegt in dessen mangelndem Entgegenbringen ein Schlüssel für die Abkehr von der Wahlurne. Wahlforschungen ändern keine Politik und kein Wahlverhalten. Das wissen sogar Nichtwähler.
Thomas Wischnewski