Äsop und der Landtagswal

FrankhengstmannÄsop war ein fabelhafter Dichter. Weil: Er dichtete Fabeln und haftete dafür. Er dichtete viele Fabeln. Aber nur eine Fabel, in dem ein Bär der Protagonist dieser Form der moralisierenden kurzen und pointierten Erzählung ist. Schade. Der Bär, den ich meine, hätte Äsop sicher inspiriert mehr über Bären nachzudenken. Mein Bär ist unser Bär und beileibe kein Teddybär. Unser Bär ist fleißig. Unser Bär ist der Blickfang im offiziellen Landeswappen des Landes Sachsen-Anhalt und somit garantiert kein „Winterschläfer“ sondern auch ein „Frühaufsteher“.

Gerade in Wahlkampfzeiten ist aber unser Bär nämlich selten im Wappen zu finden. Er wird gebraucht. Zum Aufbinden. Alle etablierten und sich selbst etablierend wollende Parteien versprechen im Wahlkampf das unser Land Sachsen-Anhalt bald so stark sein wird wie der Bär im Wappen. Und wenn es nach der Wahl an die Verifizierung der Wahlversprechen geht, haben die Volksvertreter dem Wähler wieder einen aufgebunden. Einen Bären. Einen Bären aufbinden, das kann sehr gefährlich sein. Erstens ist der Bär ein sehr schweres Raubtier. Und zweitens kann der Bär nicht gut sehen. Dafür ist aber sein Geruchssinn sehr gut ausgeprägt. Er riecht sofort wenn es irgendwo stinkt und deshalb sollte man im Landtag aus Sicherheitsgründen öfter mal lüften.
Doch noch einmal zurück zu Äsop. Er projizierte in seinen Fabeln menschliche Schwächen auf die Tiere. Eigentlich haben das die armen Kreaturen nicht verdient aber wenn es ums gründliche Nachdenken geht, wird der Tierschutzverband ein Menschenauge zudrücken. Schon Schopenhauer soll gesagt haben: Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere. Halt! Da schleicht sich doch eine tierische Idee ins allgemeine Nachdenken. Um der Politikverdrossenheit und der daraus resultierenden mangelnden Wahlbeteiligung entgegen zu wirken, sollten die Parteien bei der nächsten Wahl nicht mit Menschen werben, sondern metaphorisch, wie bei Äsop mit tierischen Helden. Die Vorboten sind bereits da. Warum sonst spricht man nach der Wahl im Fernsehen immer von einer Elefantenrunde?
Der Elefant! Ja, er wäre doch prädestiniert einer großen Volkspartei, in der sich demokratische Christen vereinen, seinen massigen Leib zur Verfügung zu stellen. Wenn es bei der Wahl nicht um Stimmen, sondern um Kilogramm ginge, hätte diese Partei immer die absolute Mehrheit. Und der Elefant mit seinen riesigen Ohren könnte auch unmissverständlich zeigen, wofür diese Partei steht: Großer Lauschangriff! Er könnte seine Nase, also den Rüssel, ohne sich groß zu bewegen, überall hineinstecken. Und die riesigen Massen seines Stoffwechselendproduktes, also die Elefantenköttel, könnten auch zum Klimawandel genutzt werden. Wir bräuchten im Land nur noch Biogasanlagen. Man müsste nur eine Pipeline vom Landtag zu den Biogasanlagen installieren.
Für eine andere, nicht mehr so große Volkspartei die im ABC der Demokratie erst mit „S“ anfängt, aber trotzdem schon beim „D“ aufhört, wäre das Chamäleon das richtige Tier. Das Chamäleon kann sich des Machterhalts wegen allen Koalitionsfarben anpassen, Ist schwarz angesagt, pigmentiert es sich in diese farbliche Richtung und fällt überhaupt nicht auf. Tendiert die demoskopisch relevante Lage mehr zu „Rot“, pumpt das Farbenwechselwunder so viel Purpur über den schuppigen Panzer, dass selbst „Rot“ staunt, wie rot „Rot“ überhaupt sein kann. Das parteipolitische Chamäleon sollte sich wieder auf seine flinke Zunge besinnen, um Wählerstimmen zu fangen. Aber entweder ist momentan eine falsche Zunge im Kopf oder ein falscher Kopf hat keine Zunge.
Für eine leider nicht mehr so ganz „Naturbelassende“ Partei wäre doch die Unke ein wohlfeiles Pendant. Ja! Die Unke unkt im Unkensumpf! Doch Wählerstimmen unken dumpf: „Die Grünen nur noch grienen, um dem Machterhalt zu dienen!“ Den Frosch, der im Milchglas zu ertrinken droht und strampelt und strampelt bis aus der Milch Butter geworden ist, der stirbt langsam aus. Der „grüne“ Frosch heutzutage, er strampelt nicht mehr. Er geht. Er geht in den Supermarkt und kauft sich Butter. Die legt er dann ins Glas stellt sich auf die Butter und quakt freudig erregt: „Seht her! Geschafft!“ Man sollte mal die Krötentunnel durchforsten, ob es da nicht noch ein paar Frösche gibt, die noch strampeln können.
Das Gegenteil von rechts ist links. So glaubt man es zu wissen. Aber das Gegenteil von links ist eben nicht immer rechts. So kann man sich schon mal verfahren. Also nicht im Straßenverkehr, aber in der Politik. Wer den Blinker links gesetzt hat, aber rechts abbiegen will, um Frauen zu verstehen, der muss damit rechnen, dass gepfiffen wird. Nicht unbedingt von der Polizei. Aber sicher vom Wähler. Ich rede hier wieder metaphorisch von einem Tier, vom Platzhirsch. Dreimal schon hat er sich das Geweih abgestoßen und sich zu jeder Wahl im Walde im sachsen- anhaltischen Tann ein neues wachsen zu lassen um es dann wieder und wieder mit dem Elefanten aufzunehmen. Das würde aber nur funktionieren, wenn das Chamäleon nicht nur die Zunge raus steckt, sondern Farbe bekennt.
Der Wolf ist zurück. In den ostdeutschen Wäldern hört man wieder jenes lang verstummte Heulen. Manch Schaf hätte seine Bekanntschaft lieber nicht gemacht. Aber er ist wieder da. Der Wolf. Doch nun wird es wirklich tierisch. Es eskaliert quasi. Viele Schafe haben Angst vor dem Wolf. Ok! Aber sie folgen trotzdem einem noch viel gefräßigeren Raubtier. Dem Tiger. Sein Kosename soll „Poggi“ sein. Dieser Tiger setzt zum Sprung an und will rein. In den Zoo. Also in den Zoo auf dem Domplatz. Im Zoologischen Garten Magdeburg haben Tiger kaum „Perret-tive“ Überlebenschanchen. Und der Tiger wird springen. Elefant, Chamäleon, Platzhirsch & Co hoffen natürlich, dass es ein Papiertiger ist und als Bettvorleger endet. Doch die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Bis dahin sollten wir uns entscheiden. Gehen wir wählen oder feiern wir den „Karneval der Tiere“! Also denne: „Helau! Wauwau! Miau! Mäh und Quak!“ Egal! Der Landtagswal aber zieht weiter seine schwergewichtigen Bahnen stromaufwärts die Elbe entlang. Er sollte aber aufpassen, dass er sich nicht am 13. März 2016 am Domfelsen stößt. Diese tektonischen Wellen würden nicht nur den Dom, sondern sicher auch den Landtag erschüttern.