Man sagt, wenn man irgendwo lange steht, sieht man die ganze Welt. Ist ja auch kein Wunder bei täglich bis zu 30.000 Besuchern auf dem Willy-Brandt-Platz. Wir erleben hier Nettes, Niedliches, Interessantes, Verblüffendes, Seltsames, Erschreckendes. Unter die Rubrik nett und niedlich fällt die japanische Dame, die – sichtlich im Reisestress – das „Tausendwasserhaus“ suchte. Wir konnten helfen und sie war auch nicht enttäuscht als wir ihr den Weg zum „Nur-Hundertwasserhaus“ erklärten. Es überraschte uns, welche Anziehungskraft die Grüne Zitadelle auf Menschen in aller Welt ausübt. Besucher von den Philippinen, aus den USA, Südafrika, Korea, Australien, die eine Reise um die halbe Welt machen, nur um das Hundertwasserhaus zu sehen. In die Rubrik Erschrec-kendes haben wir den Raben eingestuft, der eine Ratte erjagte, tötete und diese dann in sein Nest schleppte. Wir haben den Vorgang erst mitbekommen, als sich eine Menschentraube vor dem Infopunkt versammelte und dies grausige Schauspiel aus allen Richtungen abfilmte. Auch traurige Besucher hatten wir hier schon: Ein älterer Herr, der lange vor den historischen Aufnahmen des Bahnhofsgeländes stand, die er hier im Infopunkt zum ersten Mal sah, erklärte uns anhand der Luftaufnahmen vor und nach dem Angriff 1945, wo die Wohnung seiner Eltern lag und wie er diese Tage erlebte. Traurig stimmen auch die vielen Menschen, die sich mit dem Durchsuchen der Papierkörbe nach Pfandflaschen ein Zubrot verdienen. Außerdem beobachten wir ein seltsames Phänomen: Auf dem Platz finden viele Junggesellinnen-, aber nur wenige Junggesellen-Abschiede statt. Das Verhältnis beträgt etwa 5:1. Wo sind die ganzen Männer? Vielleicht auf der Suche nach der Tourist-Info? Für die wird der Container vor dem Hauptbahnhof nämlich oft gehalten. Dann müssen wir verdutzten Touristen erklären, dass bis dorthin noch ein paar Schritte zu laufen sind. Aber sie kommen mit uns ins Gespräch… Seit der Eröffnung am 19. November 2015 empfingen wir etwa 3.400 Gäste. Und in dieser Zeit haben wir hier viel gesehen: Demonstrationen für und gegen alles, sich prügelnde Fußballfans, jede Menge Polizei. Tolle Haarmoden, wilde Verkleidungen aller Art und jeder Comic-Richtung. Politiker auf der Suche nach dem Maritim. Ja, wenn man lang genug hier steht, sieht man wirklich die ganze Welt…
Im Infopunkt vor dem Eingang des Hauptbahnhofs erfahren Bürger mehr über die Baustelle „Knoten Magdeburg / Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee“. Öffnungszeiten: mittwochs von 16 bis 18 Uhr sowie freitags und samstags von 14 bis 18 Uhr.