Ablenkung vom Alltag in der Klinik

kinderklinikkonzert_liam_klinikumSchwungvoll hüpft Liam durch das Relax-Zimmer der Kinderstation im Klinikum Magdeburg, schnappt sich einen der Sitzsäcke und nimmt ebenso schwungvoll Platz. Die anfängliche Schüchternheit verfliegt schnell und Liam plaudert drauf los – ein typischer aufgeweckter, lebensfroher siebenjähriger Junge. Doch des Öfteren ist Liam zu aufgeweckt, hat Konzentrationsstörungen und bekommt Wutanfälle. „Manchmal weine ich auch ganz viel und in der Schule kommt es vor, dass ich sehr aggressiv werde“, erklärt der junge Magdeburger besonnen, während er im Schneidersitz verharrt. Warum das so ist, kann er nicht erklären – aber eben aus diesem Grund ist Liam im tagesklinischen Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Klinikum Magdeburg untergebracht. „Damit die Ärzte herausfinden, warum ich mich manchmal so verhalte …“ Liam zuckt mit den Schultern. Eigentlich fühlt er sich in der Tagesklinik ganz wohl. „Ich denke, ich werde die Menschen, die sich hier um mich kümmern, vermissen – wenn ich irgendwann wieder ganz nach Hause darf“, meint der Siebenjährige und klingt dabei wie ein Erwachsener. Aber so gut die Betreuung auch ist, er freut sich doch sehr darauf, das Klinikum wieder verlassen und zu seinen Eltern sowie den beiden Schwestern zurückkehren zu können. Ob er seine Familie während des Klinikaufenthaltes vermisse? „Natürlich! Aber zum Glück ist zwischendurch Zeit für gemeinsame Unternehmungen.“

Silbermond-Frontfrau Stefanie Kloß setzt sich bei der Zugabe zu den Kindern. Weitere Bilder und Infos gibt es unter: www.kinderklinikkonzerte.de Foto: Thomas Sasse

Silbermond-Frontfrau Stefanie Kloß setzt sich bei der Zugabe zu den Kindern. Weitere Bilder und Infos gibt es unter: www.kinderklinikkonzerte.de Foto: Thomas Sasse

So, wie kürzlich beim Kinderklinikkonzert im Hangar des Rettungshubschraubers „Christoph 36“ der DRF Luftrettung. Abgeklärt und locker wirkt Liam, als er von diesem Erlebnis berichtet, das er mit etwa 130 Kindern aus dem Klinikum Magdeburg, dem Ameos Klinikum Schönebeck, dem Kinderhospiz Magdeburg, dem integrativen Kinder- & Jugendheim „Arche Noah“ sowie mit krebskranken Kindern und ihren Geschwisterkindern vom Magdeburger Förderkreis krebskranker Kinder e.V. genießen durfte. Es war das erste Konzert, das Liam je besucht hat – und dann steht nicht irgendwer auf der Bühne. „Silbermond haben gespielt, bevor sie abends auf dem Domplatz aufgetreten sind“, schildert Liam mit einem Lächeln im Gesicht. Das sei eine große Überraschung gewesen, denn die Kinder wussten zwar, dass etwas Besonderes bevorsteht. „Aber was da genau passiert, hat uns vorher niemand verraten“, erzählt der Siebenjährige und fügt noch hinzu: „Diesen Tag werde ich so schnell nicht vergessen“. Denn neben den Liedern von Silbermond, die im Radio zu hören sind, werden ihn auch einige Geschenke an dieses Erlebnis erinnern. „Dank vieler Sachspenden – wie etwa CDs, Bücher, Plüschtiere oder Spiele – konnten wir im Anschluss an das Konzert jedem Kind eine Geschenktüte überreichen“, erklärt Nicole John, die sich gemeinsam mit Nadja Benndorf seit mehr als zehn Jahren für Kinder und Jugendliche engagiert. Gemeinsam organisierten und finanzierten die beiden jungen Frauen eigenständig die Kinderklinikkonzerte in den vergangenen Jahren.

Glückliche Helfer nach einem erfolgreichen Konzert – die Mitglieder des Kinderklinikkonzerte e.V. im Hangar der DRF Luftrettung. Foto: Thomas Sasse

Glückliche Helfer nach einem erfolgreichen Konzert – die Mitglieder des Kinderklinikkonzerte e.V. im Hangar der DRF Luftrettung. Foto: Thomas Sasse

2015 folgte schließlich die Gründung des gemeinnützigen „Kinderklinikkonzerte e.V.“. Mit inzwischen 18 aktiven Mitgliedern bringt der Verein etwas Abwechslung in den Klinikalltag junger Patienten, die aufgrund diverser Erkrankungen aus ihrem gewohnten Umfeld herausgerissen werden und Untersuchungen, Operationen sowie die Einnahme von Medikamenten meistern müssen. Das Konzert im Klinikum Magdeburg, das von „Aktion Mensch“ gefördert wurde, ist das inzwischen neunte. Außerhalb Sachsen-Anhalts organisiert der Verein weitere Kinderklinikkonzerte in Dresden, Leipzig, Göttingen und Berlin. „Wir würden natürlich auch gern in anderen deutschen Städten Kindern und Jugendlichen diese Freude bereiten“, blickt Nicole hoffnungsvoll auf die zukünftigen Aufgaben, „dazu sind wir aber auf viele Unterstützer angewiesen.“ Spender und Förderer und natürlich musikalische Unterstützer, die in Zusammenarbeit mit dem Verein Kinder wie Liam aufmuntern und ihnen kleine Augenblicke des Glücks schenken. Tina Heinz