Zwei, die an der politischen Willensbildung mitwirken – oder:
Morgens in Magdeburg
5.45 Uhr. Er ist für das Frühstück zuständig. Vor der ersten Tasse Kaffee ein Blick in die Zeitung. Denn „Parteien wirken an der politischen Willensbildung mit“, sagt Art. 21 des Grundgesetzes. Wer sich politisch engagiert, muss wissen: Wer hat was zu sagen? Was interessiert die Leser? Ist das, was man selbst am Tag zuvor mit einer Pressemitteilung gesagt hat, für die, die die Zeitung machen, von Bedeutung? Und genauso wichtig: Kommen die Sportvereine vor, um deren Außendarstellung er sich auch ein wenig kümmert (TuS 1860, Minigolffreunde Magdeburg)? Oder die Vereine, bei denen sie sich ehrenamtlich engagiert (z.B. Förderverein der Landesjugendfeuerwehr, Kompetenzzentrum für geschlechtergerechte Kinder und Jugendarbeit, Norbertusstiftung, Freunde und Förderer der Otto von Guericke Universität)?
6.15 Uhr. Frühstück ist fertig. Die Zeitung in drei Teile zerlegt. Sportteil (für die beiden Söhne, 18 und 15), Lokalteil (er) und Hauptteil (sie). Die Zeitung wandert, je nach Interesse an dem einen oder anderen Artikel, langsamer oder schneller um den Tisch. Die Gespräche über das, was wie in der Zeitung steht (und was warum nicht), sind in den letzten Jahren intensiver und politischer geworden, die Noten der Söhne in Sozialkunde noch besser. Beides hat sicher miteinander zu tun.
6.40 Uhr. Abfahrt für sie zum Hauptbahnhof, von dort geht’s kurz nach 7 in Richtung Halle. Dr. Lydia Hüskens ist seit Januar Geschäftsführerin des Studentenwerkes. Neben der Vorbereitung auf den Arbeitsalltag bleibt unterwegs noch ein bisschen Zeit für Ehrenamtsarbeit als stellvertretende FDP-Landes- und Magdeburger FDP-Kreisvorsitzende. Politisch aktiv seit 1989, damals noch ohne Computer. Heute: Telefonate, Twitter, Timeline bei Facebook. Der Entwurf einer Pressemitteilung sollte bis Köthen fertig sein – denn dort verlässt einen das Internet.
Früher bekam man als Politiker/in Briefe, heute sind’s zu über 90 Prozent Mails oder Nachrichten via Facebook oder Twitter. Websites und die „Kanäle“ des Web2.0 haben die Kommunikation verändert. Nicht nur in den Parteien, sondern auch zwischen Parteien und Medien. Das, was in der Zeitung steht, kann z.B. via Facebook kommentiert werden. Man (Frau auch) ist nicht mehr ausschließlich davon abhängig, was die „Gatekeeper“ durch das Tor lassen. Jeder ist heute (theoretisch) Sender und Empfänger von Nachrichten. Politische Meinungsbildung findet aber auf derart vielen Kanälen statt, dass man sie im Ehrenamt und in der außerparlamentarischen Opposition nur mit großem Kraftaufwand und guter Organisation überblicken kann. Und bei all den Vorteilen, die das Internet bietet, gilt: Ohne persönliche Begegnung ist alles nichts. Wie im richtigen Leben. Denn nur so erreicht man die, die sich erst gar nicht trauen, eigene Anliegen an die Politik heranzutragen. Laut Sachsen-Anhalt-Monitor 2014 ist das die Hälfte der Bevölkerung!
8.00 Uhr. Die Idee für eine Pressemitteilung kam aus dem Zug via Handy-Mail. Als Redakteur ist Heinz-Josef Sprengkamp für den Feinschliff von Texten zuständig. Er ist selbstständig, kann auch tagsüber mal in die Medienwelt eintauchen. Seit 1990 hat er an vielen Politikschulbüchern mitgewirkt, seit 2002 ist er ehrenamtlich für die FDP in die praktische Politik eingestiegen. Ziel war auch, möglichst all das, was man in der Theorie für andere beschrieben hat, in der Praxis zu erleben. Dazu braucht man keine Ämter, sondern den Willen, zu unterstützen, wo Hilfe gebraucht wird. Von der Programmarbeit oder der Komposition eines Flyers bis zum Auf- und Abhängen von Wahlplakaten: Politik ist hier oft Familienarbeit. Sie macht Spaß, weil täglich viele andere Freude haben, auf Augenhöhe mitzuwirken und Freunde wurden.
08.15 Uhr. Eine zweite Tasse Kaffee. Pressemitteilung gelesen, bearbeitet, verschickt. Noch 10 Minuten Facebook- und Twitter-Timeline nach interessanten Themen durchforstet, dann redigiert er einen Spielbericht zu einem Fußballspiel und stellt ihn auf die Website der „Neustadttiger“. Jetzt kann der eigentliche Arbeitstag kommen.
08.20 Uhr. In Halle erreicht sie den Arbeitsplatz mit der S-Bahn-Linie 4.