Meister der Herzen oder Aufsteiger?

sport_fcm-hammannNie war der 1. FC Magdeburg nach dem Abtreten aus der Drittklassigkeit im Jahre 2008 wieder so nah dran aufzusteigen, wie in dieser Spielzeit. Fast sieben Jahre später schwimmt der Verein endlich wieder auf einer großen Welle des Erfolges und nennt sich nicht nur Spitzenmannschaft, sondern auch Spitzenreiter der Regionalliga Nordost. Freud und Leid liegen in dieser Saison nah beieinander, denn einige Dinge bereiten den Magdeburgern Kopf zerbrechen.
Seit Wochen ist es spannend. Der 1. FC Magdeburg legte eine unglaubliche Serie hin und knackte sämtliche Rekorde. Seit 18 Spielen sind die Blau-Weißen ungeschlagen und holten 50 von 54 möglichen Punkten. Das qualifizierte die Elbestädter für den ersten Tabellenplatz der Liga. Leider hat sich in der gleichen Spielzeit ein ebenbürtiger Konkurrent für den ersten Platz heraus kristallisiert: der FSV Zwickau liegt nur einen Zähler hinter Magdeburg und das zwei Spieltage vor Ende der Saison.


Eine ganze Saison wird sich in zwei Spielen entscheiden, wenn der Meister der Regionalliga Nordost 2014/2015 in zwei Fernduellen ausgemacht wird. Magdeburg tritt bei Hertha II und zu Hause gegen Viktoria Berlin an. Es sind die Wochen, in denen der FCM gegen die Bundeshauptstadt-Mannschaften kämpfen muss. Der FSV hingegen reist zur derzeit starken Germania Halberstadt und abschließend wartet der SV Babelsberg 03 im heimischen Zwickauer „Sojus 31“-Stadion. Möglicherweise sind die Landesnachbarn aus dem Harz der Stolperstein für die Magdeburger Gegnerschaft im Rennen um Platz eins.
Sollte Magdeburg es schaffen, sich den Regionalliga-Meister unter den Nagel zu reißen, steht das nächste kopfzerbrechende Problem ins Haus: Relegation. Der Deutsche Fussballbund (DFB) versucht seit einigen Jahren, die Attraktivität der Ligen zu steigern. So auch diese der Regionalliga. Da es nur drei Absteiger aus der 3. Liga gibt, aber fünf Regionalligen mit sechs Anwärtern den Aufstieg anpeilen, müssen diese sechs gegeneinander antreten, um drei Aufsteiger zu ermitteln (Regionalliga Südwest hat zwei Relegationsplätze). Der Nordostmeister (Magdeburg oder Zwickau) erwischte per Los den Erstplatzierten der Südwest. Der steht bereits seit Wochen fest und bereitet sich in Ruhe auf die beiden Spitzenspiele fest: Kickers Offenbach. Eine ganze Saison wird sich an diesen beiden Spieltagen (27. und 31. Mai) entscheiden.
Kritik geht dabei auch an den Nordostdeutschen Fussballverband (NOFV), der den letzten Spieltag auf Sonntag, den 24. Mai legte, während alle anderen Regionalligen am 23. Mai ihren Spielbetrieb beenden. Auch ein Antrag vom FSV Zwickau und dem 1. FCM genügte nicht, um den Spieltag beziehungsweise die beiden entscheidenden Saisonspiele vorzuverlegen, um den Spielern des Nordostmeisters einen Tag mehr Vorbereitung zu gewähren.
Während in Magdeburg und Zwickau schon mal die Telefone klingelten und die Offenbacher sich nach den Kapazitäten der Gästeblöcke erkundigten, plagen sich die Nordost-Duellanten mit Personalproblemen, Erholungszeiten vor den Relegationsspielen und natürlich Ticketproblemen herum. Gerade beim 1. FC Magdeburg ist anzunehmen, dass die heimische MDCC-Arena, die auch noch das Hinspiel gegen Kickers Offenbach ausmachen würde, aus allen Nähten platzt. In Zahlen bedeutet das einen Besuch von über 25.000 Zuschauern. In Verkaufstagen bedeutet das zunächst wohl drei. Der letzte Spieltag, an dem sich wohl erst entscheidet, wer Meister wird sowie Dienstag, der 26. Mai und am Hinspieltag selbst. Der 25. Mai ist übrigens ein Feiertag: Pfingstmontag. Das bereitet den vereinstätigen Mitarbeitern bereits seit Wochen schlaflose Nächte und viel Kopfzerbrechen zu logistischen Lösungen. Zur Belohnung winkt für einen der beiden Relegationsgegner übrigens die goldene Ananas: Ein Meistertitel ohne Aufstieg. Das gibt es wohl nur in der 1. Bundesliga. Ein Verein, seine Fans und eine ganze Region arbeiten an einem Ziel, das von vornherein schier unmöglich zu erreichen scheint, weil der DFB Werbung für sich und seine Ligen machen möchte. Unbedacht blieb, dass viele Vereine durch den großen Verbandsdruck in finanzielle Schwierigkeiten geraten, denn auch hier arbeiten Menschen, die mit Geld bezahlt werden.
Norman Seidler