Magdeburg in den 1930er Jahren: Es war die große Zeit des Theaters, Varietés und der Lichtspielhäuser. Seit den 1920er Jahren entbrannte ein Kampf der Wanderkinos auf den Jahrmärkten mit den stehenden Kinos und neuentstehenden Lichtspielhäusern. Mit dem Tonfilm zog es abendlich immer mehr Magdeburger in die Kinos. Die Anzahl der Lichtspielhäuser stieg auf magische 33 Etablissements. Hier konnte man für wenige Pfennige dem Alltag entfliehen und eine magische Welt der Träume und Attraktionen entdecken. Allein auf dem Breiten Weg gab es fünf Kinos: Die „Clou-Lichtspiele“, die „Casino-Lichtspiele“, das „Tonbild-Theater“, die „Kammer-Lichtspiele“, die „Passage-Lichtspiele“ oder das „Panorama“. In den Glanzzeiten besuchten wöchentlich mehr als 75.000 Kinogänger die Häuser und schauten gespannt ihren Stars Heinz Rühmann, Hans Albers, Henny Porten, Marika Rökk, Lilian Harvey oder Willy Fritsch auf der Leinwand zu. Ob Weltwirtschaftskrise oder die Kriegstage in der Elbestadt: Das Kino zählte zu den Hauptanziehungspunkten der Zerstreuung suchenden Einwohner, die mindestens einmal pro Woche die Kinos aufsuchten.
Deuling-Palast Nach zwei Jahren Bauzeit eröffnete 1923 der Deuling-Palast mit Platz für 1.100 Zuschauer auf dem Alten Markt. Es war mit eines der Gebäude, das nur für den Zweck von Filmvorführungen errichete wurde. Die meisten anderen Kinos zu dieser Zeit schlugen ihr Quartier in ehemaligen Ladengeschäften oder anderen Zweckbauten auf, die extra für Kinobesucher umgebaut wurden. Der Deuling-Palast zählte zu den exklusiven Häusern und Premierenkinos. Übrigens werden sich einige Magdeburger noch daran erinnern, das hier zu DDR-Zeiten die erste Kinobar im „Theater des Friedens“ war. Großes Kino in Drehsesseln und mit Bedienung.
Clou-Lichtspiele Wer Hans Albers als „Trenk, der Pandur“ oder andere UFA-Filmstars auf der Leinwand erleben konnte, hatte auf jeden Fall am nächsten Tag Gesprächsstoff. Sehen konnte man die Blockbuster aus den Anfängen der Magdeburger Kinozeit auch in kleinen Lichtspielhäusern. Das „Clou“ zählte seit seiner Eröffnung im Jahr 1911 mit 166 Plätzen dazu. Nach einem Umbau im Jahr 1936 passten 256 Kinofreunde auf die Sitze. Unter der Bevölkerung hatte es den Spitznamen „Flohkino“.
Kammer-Lichtspiele Den ersten Filmpalast in Magdeburg gab es im Breiten Weg 141. Im Jahr 1912 eröffnet, konnten anfänglich 1.342 Kinobesucher Platz finden. Star des Eröffnungsabends war die dänische Schauspielerin Asta Nielsen, die hier ihren Film „Der Totentanz“ als Premierengast ansehen konnte. Totentanz gab es im Palast allerdings keinen: Das direkt neben dem Kaufhaus Klavehn liegende Gebäude musste mehrfach umgebaut werden, um Platz zu schaffen. 1914 wurde ein Rang eingebaut. 1919 kamen mit einem weiteren Umbau neue Plätze hinzu. In den 1920er Jahren erhielten die „Kali-Spiele“ sogar eine „Kino-Orgel“.
Tonbild-Theater Ohne Smartphone und Home-Entertainmentsystemen mit Flatscreens aus der heutigen Zeit war die Magdeburger City erste Anlaufstelle für das Nachtleben in den Anfangsjahren des vorigen Jahrhunderts. Zu den angesagtesten Szenetreffs zählte die Altstadt. Hier waren viele Lichtspielhäuser anzufinden. So auch das Tonbild-Theater, das anfänglich in der Berliner Straße (eine Seitenstraße zum Breiten Weg) sein Domizil hatte. Schon 1908 flimmerten hier die ersten Bilder auf der Leinwand. Zwei Jahrzehnte später wurde das Kino in den Breiten Weg verlegt und erhielt den Namen „Apollo-Theater“.
Casino-Lichtspiele Kleines Haus ganz groß: Als letztes Gebäude auf der Westseite des Breiten Weges waren die „Casino-Lichtspiele“ Anlaufstelle für die Filmenthusiasten. Direkt gegenüber dem Zentraltheater fasste das Kino anfänglich 221 Plätze. Das bis 1914 der Loge Harpokrates gehörende Gebäude wurde von der Casino-Gesellschaft umgebaut, so das im Parkett, Loge und Balkon bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 529 Kinobesucher Platz nehmen konnten. (Bilder: Stadtarchiv Magdeburg
Oli-Lichtspiele Unter Federführung eines der Star-Architekten des „Neues Bauen“ entstanden 1936 die Oli-Lichtspiele mit 475 Saal- und Rangplätzen. Auftraggeberin des Hauses war die Geschäftsfrau Martha Dehne. Auch hier können sich sicherlich viele Magdeburger noch an den Kinobetrieb und den DDR-Leinwandstars erinnern. Besonders gefragt bei den jungen Cineasten waren die Nachmittagsvorstellungen und die Familienvorstellungen an den Sonntagen. Für 55 Pfennige konnte man hier in eine Welt der Träume eintauchen.
Scala-Lichtspiele 1910 eröffnete auf der Halberstädter Straße ein neues Lichtspielhaus. Dieser Neubau mit dem Namen „Kino-Schauspiele“ erregte mit seinen 364 Plätzen in der ganzen Stadt Aufsehen. Er war Magdeburgs erster Neubau zum Zwecke der kommerziellen Filmvorführung. Besitzer August Müller war damit der Pionier bei der Entwicklung des Magdeburger Lichtspielwesens. Nach dem Ersten Weltkrieg erhöhte man die Anzahl der Sitzplätze auf 600 und später durch den Einbau von Balkonlogen gar auf 800. Mit der Anschaffung neuester Vorführtechnik waren die späteren „Scala-Lichtspiele“ (Foto unten aus den 1950er Jahren) immer auf Höhe der Zeit und beliebter Anlaufpunkt für Cineasten.