Frisch, schnell, gesund, vielfältig, aber billig …

Kantinen SpezialJeder fünfte Deutsche nimmt seinen Mittagstisch in einer Kantine, einem Betriebsrestaurant oder einer Mensa ein. Und kaum etwas wird so oft kritisiert wie das Speiseangebot aus Großküchen. Verkochte Kartoffeln, geschmackloses Gemüse, zähes Fleisch – die meisten Kantinengäste verbinden mit dem Mittagsangebot wenig kulinarische Genüsse. Oft versteht man unter gesunder Ernährung etwas anderes. Doch die Pause ist kurz, der Weg nicht weit, Alternativen selten in greifbarer Nähe. Man nimmt, was man bekommt und ist selten damit zufrieden. Doch kaum jemand bedenkt, welche Logistik, welcher Kostendruck und welche Vorschriften auf dem Betrieb einer Großküche lasten. Den eigenen Anteil im System möchte man ohnehin ungern sehen.


Frisch, schnell, gesund, vielfältig, aber unbedingt billig sollte das Essen aus der Großküche sein. So lautet der häufig formulierte Anspruch. Das Ernährungsbewusstsein hat sich stark gewandelt. Die Kochshows der Sterne-Gourmets bestimmen das mediale Geschehen. Tipps zum gesunden Essen gibt es an jeder Ecke. Krankenkassen, Apotheken klären auf und kein Ratgeber, der sich nicht in irgendeiner Weise des Themas annimmt. Doch was nutzt die verinnerlichte Gewissenslast, wenn man sie mal an einem Wochenende abbaut, im Urlaub jedoch wieder richtig schlemmert und der Alltag in seinen Zwängen doch wieder bietet, was er bietet.
Kantinenessen oder Schulspeisung könnte mehr bieten, wenn Unternehmen oder Verwaltungen als auch der Endkunde bereit wären, mehr zu zahlen. Das ist bekannt. Aber aus dem Teufelskreis gibt es offensichtlich kein Entrinnen. Für 3,90 Euro könnte man ein abwechslungsreiches Mittag aus wertvollen Ausgangsprodukten in der Schule anbieten, sagt ein Magdeburger Schulspeiseanbieter. Doch so ein Betrag können oder wollen manche Eltern nicht aufbringen. Das ist wie mit der ewigen Discounter-Debatte. Jeder regt sich gern über die Massentierhaltung auf, aber das billigere Fleisch ist doch schneller und in höherer Menge vergriffen, als teuere Erzeugnisse aus nachhaltiger und artgerechter Haltung.
Den Schwarzen Peter also nur einem anzuheften, reicht nicht. Wenn weiß, welche strengen Hygiene- und Lagerungsvorschriften Großküchen einhalten und nachweisen müssen, schlackern manchem schon die Knie. Dass die tägliche Produktion oft eine harte Akkordarbeit ist, kommt noch hinzu. Mittlerweile klagen mehrere Magdeburger Kantinenbetreiber, dass es nicht mehr einfach sei, gut ausgebildete Köche für den Job zu begeistern. Üppige Gehälter können aufgrund der Preiskalkulation der Portionen nicht gezahlt werden.
Außerdem gibt es in der Landeshauptstadt bei einigen Arbeitgebern den Trend, unter Kostendruck beim Zuschuss des Mitarbeiter-essens sparen zu wollen. Kostensteigerungen sollen Kantinenbetreiber an den Endkunden weitergeben oder es wird ihnen gar eine Preisanhebung untersagt. Wird das Essensangebot teurer, nutzen in der Regel weniger Angestellte die Kantine. Der erwartete finanzielle Ausgleich erweist sich als Rohrkrepierer oder entfaltet die entgegengesetzte Wirkung.
Dass die meisten Kantinen trotzdem täglich ein frisches und abwechslungsreiches Essen auf den Tisch bringen, grenzt manchmal an ein Wunder und ist nur durch straffe Organisation und Verlässlichkeit aller Beteiligten, von Mitarbeitern und Zulieferern erklärbar. Man muss nicht nur einfallsreich sein, um passende Zutaten für die Preiskalkulation zu finden, sondern ebenso ein Organisationstalent besitzen und neben den Rezepturen auch noch die vielen rechtlichen Vorschriften beherrschen. (tw)