Geschichten von der Glühweintheke

271116pg_boos3Zur Weihnachtszeit ist manches wie im Schlaraffenland. Menschen tragen Freude im Herzen, beschenken sich großzügig und laden sich herzlich gern ein. Doch fließen weniger Milch und Honig, sondern vor allem Heißgetränke wie Glühwein und Heiße Schokolade. Ein munteres Völkchen zieht wieder in Scharen zu „Boos Glühweintheke“ und lässt sich bei fröhlichem Plaudern, Musik und Schunkeln verschiedene Fruchtweinsorten schmecken. Damit sich rund um die Theke die gute Laune ausbreiten kann, ist im Vorfeld mancher Schweißtropfen geflossen und sind einige Nerven gerissen.

„Boos Glühweintheke“ ist die flexibelste Bude auf dem Weihnachtsmarkt. 1996 baute Gunther Boos mit seinem Familienunternehmen erstmals zur Adventszeit in Magdeburg seine Hütte auf, zunächst am Eulenspiegelbrunnen. Von dort aus auf die Fläche zwischen Karstadt und Blauem Bock und dann vor die McDonald-Filiale an der Ernst-Reuter-Allee. Das war aber nicht das Ende seiner Weihnachtsmarktreise. Ein Jahr lang logierte er vor dem Marietta-Block. Erst vor sechs Jahren hatte die Rastlosigkeit ein Ende. Seither steht „Boos Glühweintheke“ als zweistöckiges Haus am Otto-von-Guericke-Denkmal.

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Boos Glühweintheke ist das Gute-Laune-Haus, das jede Menge spannende und fröhliche Geschichten erzählen kann. Foto: P. Gercke

Das „Oberstübchen“ ist eine beliebte Instanz geworden. Bereits kurz nach Jahresstart ab Mitte Januar beginnen die Buchungen für Weihnachtsfeiern für Firmen, Vereine und andere Institutionen. Oft ist das „Oberstübchen“ nach wenigen Wochen ausgebucht. Warum? Das ist leicht erklärt. Hier fließt nicht nur reichlich Glühwein, schon von unten steigen Glühweindämpfe auf, die im gemütlichen Zimmer wahrscheinlich eine berauschende Atmosphäre bescheren. Spaß beiseite, natürlich spielt hier oben die Musik, entweder live oder vom Band. Es wird gesungen, geschunkelt oder gar über Tische und Bänke getanzt. Das „Oberstübchen“ ist mehr als nur Glühweinschenke, hier gibt es an der Bar Bier, Wein und andere Getränke. Mancher Glühweingast kann im Trubel seine Herkunft nicht verbergen. So beschwerten sich Mitarbeiter der Oberfinanzdirektion mal darüber, dass sie bei Flaschenware Gastronomiepreise zahlen sollten. Sie hätten den Wein gern zum Supermarktpreis erworben. Als Finanzbeamte muss man es halt genauer nehmen als andere. Im Feierrausch kaperte ein Gast den Feuerlöscher und ließ es in der oberen Etage ordentlich schneien. Lange Weile ist an der Glühweintheke jedenfalls ein unbekannter Zustand. Schon dreimal statten die Schönsten der Welt der Glühweintheke einen Besuch ab. Auf dem Balkon des „Oberstübchens“ fand die inoffizielle Miss World Wahl statt. Manche der Schönheiten lernte in Magdeburg etwas über die hiesigen Weihnachtstraditionen und naschten erstmals in ihrem Leben Glühwein, Spekulatius und Lebkuchen. Zum Andenken an die Elbestadt nahmen sie eine Original-Boos-Glühweintasse mit. Wenn der Weihnachtsmarkt seine Tore schließt, geht „Boos Glühweintheke“ elf Monate lang in den Ruhestand. Anfangs hatte Gunther Boos für den Container noch keinen geeigneten Lagerplatz. Deshalb stand das Haus zunächst auf seinem Grundstück. Nach einem Dreivierteljahr bekam er Post vom Landesvermessungsamt mit Luftaufnahmen zu seinem Anwesen. Die Behörde forderte ihn auf, für den „Schwarzbau“ eine Erklärung abzugeben. Gunther Boos konnte das Missverständnis schließlich ausräumen und für den so genannten „fliegenden Bau“ einen Nachweis erbringen. Die Mitarbeiter des Landesvermessungsamtes hatten die Glühweintheke von oben natürlich nicht erkennen können. Die Frontaufnahmen, die Gunther Boos vorlegen konnte, überzeugten sie schließlich.

Vielleicht sind es auch die wechselhaften Geschichten, die der „Boosschen Glühweintheke“ so viel Leben einhauchen. Aber auf jeden Fall sind es die Menschen, die hier einkehren und stets die beste Stimmung im Gepäck haben. (tw)