Neue Karriere nach der 60

spielberger12Nach dem Berufsleben auf die Bühne des Seniorentheaters.

Es muss noch mehr geben als Enkel-Hüten, sagt eine der Teilnehmerinnen und ringsrum ist leises Lachen zu hören. Natürlich lieben sie ihre Enkel, sagen die Frauen dann, aber sie wollen mehr, auch „etwas für die grauen Zellen tun“. Einmal in der Woche treffen sich Spielbegeisterte im Alter „65 plus“ im Saal der Volkssolidarität in Sudenburg zum gemeinsamen Spielen. Nein, nicht um Skat, Rommé oder Mühle, sondern um die Bretter, die für manchen die Welt bedeuten. Ganz so weit wollen diese Akteure nicht gehen: „Wir spielen unser Leben, nicht die große Welt.“ Dabei sind sie alles andere als gelernte Schauspieler/-innen. Sie waren Lehrerinnen, Mitarbeiter von Verwaltungen, Gärtnerinnen, Landschaftsarchitekten, Musiker … Seit über 20 Jahren gibt es das Seniorentheater. 2009 übernahm Helga „Helle“ Spielberger die künstlerische Leitung. Sie ist bekannt u.a. von den früheren „Kugelblitzen“, als „Urmachteborjerin“ Emma Kühne oder von Auftritten mit dem Magdeburger Pianisten Manfred Herbst. „Ich bin ja nun auch schon über 70“, sagt Helle wie zur Erklärung. Nein, das sieht man ihr nicht an. Insgesamt wirken die Akteure des Theaters nicht wie Senioren. Kunst und Aktivitäten halten eben jung. Vor allem Frauen gehören zum Ensemble. Seit neuem hat die Damenrunde allerdings männliche Verstärkung: Friedhelm heißt er, ist gelernter Maurer und zählt heute 79 Lenze. Er fährt leidenschaftlich gern Motorrad und hat begonnen, Klavierspielen zu lernen. Jetzt kommt die Schauspielkarriere hinzu – gerade wird für das neue Stück geprobt, bei dem er sein Debüt haben wird. Es ist das Weihnachtsprogramm. In wenigen Wochen beginnen die Aufführungen, vorrangig in Senioreneinrichtungen, aber auch bei Stadt- oder Firmenfesten ist das Ensemble zu erleben. „Anderen eine Freude machen ist unser Motto.“ Zum Repertoire gehören Geschichten und Programme mit  Volks-, Küchen- und Bänkelliedern (schaurig-schöne Moritaten).

Das Seniorentheater bei der Probe, geleitet von Helga „Helle“  Spielberger (70). Foto: Peter Gercke

Das Seniorentheater bei der Probe, geleitet von Helga „Helle“  Spielberger (70). Foto: Peter Gercke

Wenn sie damit beispielsweise vor Demenzerkrankten auftreten, erleben sie eine wunderbare Veränderung bei den Zuhörern: „Sie singen mit und leben regelrecht auf.“ Das macht auch die Akteure glücklich. Sie seien allerdings kein Chor, betonen sie, und Helga Spielberger erklärt: „Auch Lieder sind Geschichten, die wir erzählen.“ Vor allem sind es aber Sketche, die sie auf der Bühne präsentieren. „Wir nehmen das Alter und natürlich uns selbst auf die Schippe“, sagen die Akteure. „Wir spielen unser Leben.“ Dazu gehört auch, über sich selbst lachen zu können. Dann können sie sicher sein, dass auch das Publikum lacht, so die Erfahrung. Die Autorin vieler Stücke kommt aus den eigenen Reihen: „Wir freuen uns immer schon auf die Texte von unserer Henni.“ Auch zu den Geburtstagen, denn dann bekommt ein/e jede/r als Highlight ein spezielles Gedicht. Das Miteinander ist so schön, dass auch ehemalige Mitglieder gern wiederkehren. Wie Carmen, die zuvor „aus Zeitgründen“ ausgeschieden war.  Zeit ist eine wichtige Vorraussetzung fürs Theaterspiel. Denn nicht nur die wöchentlichen Proben, vor allem die Auftritte müssen organisiert sein. Bis zu 40 sind es im Jahr. Geprobt wird immer mittwochs ab 9.45 Uhr beim ASZ-Sudenburg, Halberstädter Str. 115a. Wer mitmachen möchte, ist herzlich eingeladen. (ab)

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