Neues Castingformat: SASDS

thomas_editorialEntweder eine richtige Show oder gar nicht.

Politikverdrossenheit ist das Schlagwort der Tage. Politiker beklagen die Abwendung einer wachsenden Bevölkerungszahl bei der demokratischen Mitbestimmung. Ein Hauptkritikpunkt für Nichtwähler oder gar Protestwähler ließe sich im Wort Mitbestimmung finden. Mancher fühlt nämlich keine Mitwirkung aus der eigenen Stimmabgabe.

Da bisher kein besseres Prinzip als eine Wahl bekannt ist und diskutiert wird, muss gemutmaßt werden, dass die Hinwendung zum politischen Parlamentarismus und Parteiensystem kaum zunehmen würde. Selbst, wenn nach dem 13. März im Landtag von Sachsen-Anhalt neue Farben eingezogen sind, dreht sich die Mühle der Gesetzgebungs- und Entscheidungsprozesse im Abgeordnetenhaus nicht schneller. Und ob dann etwas besser oder schlechter sein würde, liegt vor allem im Auge des Betrachters. Vielleicht wäre dem politischen Betrieb ein wenig geholfen, wenn die Spitzenköpfe etwas mehr Pepp an den Tag legen könnten. In Zeiten, in denen eine mediale Inszenierung darüber entscheidet, worüber man sich am meisten aufregen soll und Politiker in Wahlkampfszenarios wie Werbung für trockene Kekse daherkommen, kann man auch Menschen für verantwortliche Positionen einem Casting-Spektakel unterziehen. Umfragen entscheiden heute ohnehin alles und Castingshows bestimmen, wer berühmt wird, was in oder out ist, wie Vorbilder aussehen sollen bzw. wer sich in welcher Sache am geschicktesten anstellt. Da Politiker seit Jahren ohnehin durch jedes Showformat tingeln, wäre eine offizielle Politiker-Castingshow nur eine logische Konsequenz. „SASDS – Sachsen-Anhalt sucht den Super-Politiker“ hätte der einschlägige Name für die ultimative Auswahl der hellsten und pfiffigsten Köpfe lauten können. Da wäre doch Unterhaltungsspaß in allen Bürgerschichten garantiert und für jeden Zuschauer könnte bei der Abstimmung sogar noch ein knackiger Gewinn winken. Die Unterhaltungsindustrie macht vor, was breiten Anklang findet. Darüber sollten Politiker nachdenken. Natürlich gäbe es auch eine andere Möglichkeit. Spitzenfunktionäre der Parteien müssten nicht jede Gelegenheit am Schopfe packen, um sich inflationär in allen möglichen TV-Sendungen volksnah, fröhlich und als nette Menschen von nebenan einem Publikum anzudienen. Es könnte ja sein, dass sich mittlerweile der Eindruck verbreitet hat, als würden politische Entscheidungen in Talkshows gefällt. Respekt und Anerkennung gegenüber Spitzenpolitikern gehen möglicherweise auch dadurch verloren, weil Dauerpräsenz mit oberflächlichen Fernsehkurzbotschaften zu abgenutzten Floskeln werden. Daraus kann ebenso Verdruss entstehen, so wie sich jahrelange TV-Soaps irgendwann totgedudelt haben. Also, entweder richtig Show oder gar nicht. Wo ist der nächste Super-Politiker?
Thomas Wischnewski