Steinbruch, Badeparadies, Naturdenkmal

SternbadRattenalarm und angebliche Panzer – um den Sternsee in Olvenstedt ranken sich Mythen

Jungs, da könnt Ihr doch nicht baden – da wimmelt es doch vor Ratten“.

So manche Mutter gab ihren Zöglingen in den 1970er Jahren diesen Spruch mit auf den Weg, wenn sich diese zum Abenteuerbaden in die Nähe des Sternsees in Olvenstedt wagten. Gerüchten zufolge sollte dort in den Tiefen des Sees sogar ein Panzer aus dem Zweiten Weltkrieg stehen. Und tatsächlich rankten sich um den ehemaligen Steinbruch bis heute Legenden.
Dabei können die Olvenstedter Steinbrüche ihre eigenen Geschichten erzählen. Erwähnung fanden sie schon 1477 als Baustoffquelle für den Dom. Später fanden die Bruchsteine – eine Art Grauwacke, die vom enthaltenen Eisenoxyd rot gefärbt sind – beim Bau der Festungsanlagen um Magdeburg und des neuen Elbhafens bei der Neustadt Verwendung. Viele Steinbrucharbeiter hatten sich von Magdeburg kommend, mittlerweile in Olvenstedt angesiedelt. 1840 waren hier 18 Steinbrüche aktiv. Einer von ihnen war der heutige Sternsee, der im Laufe der Jahre zu einer Badeanstalt heranwuchs. Statt den Steinbruch wie die meisten anderen zu verfüllen, setzte man ihn der Natur aus. Nachströmendes Grundwasser bildete schnell einen See. 1914 gründete sich in Olvenstedt sogar der „Schwimmverein Stern“ – Namensgeber des Geländes. Ein erstes Badehaus entstand an den Ufern.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges beschloss man den weiteren Ausbau als Badeanstalt. Das erste Badehaus musste weichen und ein zweigeschossiges Haus mit Sonnenterrasse wurde errichtet. Zusätzlich entstand auch ein Nichtschwimmerbereich, Bahnen mit Startblöcken und ein Klubhaus. Sogar ein Sandstrand wurde aufgeschüttet. Die Wasserqualität des Sees war gesichert, da eine benachbarte Gärtnerei ständig Wasser durch eine Pumpstation entnahm und so stets neues Grundwasser nachfloss. Die Badegäste waren vorwiegend Olvenstedter Einwohner und gutsituierte Magdeburger Familien. In den Nachkriegswirren 1945 beendete der Schwimmverein seine Arbeit. Den Badebetrieb leitete die Gemeinde Olvenstedt. Noch bis in die 1960er Jahre erfreute sich der Sternsee großer Beliebtheit. Doch wie überall fehlte es an Mitteln für den Erhalt der Anlage. Der offizielle Badebetrieb daraufhin eingestellt, Gebäude und Einrichtungsteile verfielen. Dennoch gehörte er in den kommenden Jahren bei den Jugendlichen als beliebter Treffpunkt. Mitte der 1990er begann man das Seeumfeld als Grünanlage zu gestalten. Die Reste der Badeanstalt verschwanden endgültig. Der Sternsee steht heute als Naturdenkmal unter Schutz.

Foto: Stadtarchiv Magdeburg