Der Anschiss lauert überall, vor allem im Internet

150413PG_Andreas_Dahm1Schantall und ihr Gefühlsausbruch bei Facebook

Das jübts doch nich!“, schrie Schantall auf, als sie bei Facebook den Account ihres Ex-Mackers Heini angeklickt hatte. Jener hatte sich klammheimlich mit den Worten: „Ich fahre nur mal eben zur Tanke, Brötchen holen“, vor 5 Tagen aus dem Staube gemacht – quasi „verdünnisiert“ – und war nun bei Facebook über dem Status „verliebt“ Wange an Wange mit einer Rothaarigen auf einem Selfie zu sehen. Flugs packte Schantall die Wut darüber, dass sich der Heini nun mit einer anderen die Morgenbrötchen und was sonst noch teilt und entschloss sich, per öffentlichem Posting klarzumachen, was sie von ihm hält! „Verlogener Vollpfosten, Riesena… mit Ohren“, impotentes Hängebauchschwein“ – und noch so ein paar ähnliche Betitelungen postete Schantall nun öffentlich auf Facebook und machte sich damit Luft … Uff – das tat ihr gut – da kann man ja mal im „wöhrlt weit nett“ so richtig in die Tasten hauen und Dampf ablassen. Recht so! Oder doch nicht? Vorsicht bei solchen Äußerungen auf Facebook oder anderen Netzwerken! Wer etwa über einen anderen postet, er sei ein „Idiot“ oder ein „A…loch“, macht sich juristisch wegen einer Beleidigung strafbar. Aber auch eine falsche Tatsachenbehauptung (z.B: „Heini ist ein Betrüger“) kann ein Strafverfahren nach sich ziehen, und zwar wegen übler Nachrede (§ 186 StGB) bzw. Verleumdung (§ 187 StGB). Den Täter erwartet dann eine Freiheitsstrafe oder mindestens Geldstrafe. Der Geschädigte kann auch noch zivilrechtlich vorgehen und Unterlassung und Schmerzensgeld fordern. Achtung auch bei Meinungsäußerungen gegen den Arbeitgeber! Wer im sozialen Netzwerk seinen Arbeitgeber kritisiert, sollte sich im Klaren darüber sein, dass er damit womöglich seinen Job riskiert. Grund: Der Arbeitnehmer hat die arbeitsvertragliche Pflicht, auf den Ruf seines Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und nichts zu tun, was diesem Ruf schaden könnte. Bei der Frage, ob der Arbeitnehmer gegen diese Pflicht verstoßen hat, ist allerdings immer eine Interessenabwägung zwischen dessen Meinungsäußerungsfreiheit und den Interessen des Arbeitgebers an einem unbeschädigten Ruf vorzunehmen. Dementsprechend unterschiedlich fallen auch die Urteile der Arbeitsgerichte aus, wenn es um Äußerungen eines Arbeitnehmers über seine Firma geht: • So hielt etwa das LAG Baden-Württemberg im Fall eines Arbeitnehmers, der seinem Unternehmen im Internet eine „verschärfte Ausbeutung“ und eine „menschenverachtende Jagd auf Kranke“ vorwarf, die ausgesprochene Kündigung für unwirksam. Der Internetbeitrag war nach Meinung der Richter vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt und stellte keine Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht dar (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.02.2010, Az. 2 Sa 59/09). • Anders fiel dagegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt a. M. vom 29.11.2006 aus: Dort hatte eine Arbeitnehmerin in einem Forum anonym ihren Arbeitgeber als Sklavenbetrieb und Zuhälterfirma und ihre Mitarbeiter als Idioten bezeichnet. Durch einen Link auf ihre Homepage konnte der Arbeitnehmer sie als Urheberin identifizieren. Die ausgesprochene Kündigung hatte Bestand. Insbesondere den Zuhältervergleich bewertete das Gericht als Schmähkritik und damit auch als strafbare üble Nachrede (Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.05.2007, Az. 22 Ca 2474/06). • Das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau erklärte dagegen die fristlose Kündigung einer Sparkassenangestellten für unwirksam. Ihr Ehemann hatte in seinem Facebook-Account beleidige Eintragungen über den Arbeitgeber eingetragen. Die Frau soll hinsichtlich dieses Textes den „Gefällt mir“ Button geklickt haben (Arbeitsgericht Dessau-Roßlau, Urteil vom 21.03.2012, Az. 1 Ca 148/11). So kommt es also immer wieder auf den Einzelfall an. Also doch: Von Fall zu Fall anders. Besser ist es, derartige Dinge also nicht im Netz zu regeln, sondern quasi im stillen Kämmerlein Aug in Aug oder mittels eines persönlichen Briefes (für die Teenager: das sind persönlich verfasste Schriftstücke, die man früher sogar noch per Hand erstellte, sodann auf das Kouvert eine Marke klebte und diesen abschließend in einen gelben Kasten mit Schlitz einwarf…) Und wenn der Chef tatsächlich ein Sklavenhalter ist, dann sollte man sich rasch nach einem anderen umschauen – jedenfalls so etwas nicht im öffentlichen Netz herumposten – das kann teuer werden. Und was ist nun mit Schantall? Wech is wech… sei nicht traurig, der Heini hat Dich sicher nicht verdient. Und die heutige Moral von der Geschicht? Wenn Dein Macker sich verdünnisiert, dann lass ihn bloß in Ruhe ziehn. Und poste nichts im Internet, im Urteil stehst sonst Du als Böser drin! Rechtsanwalt Andreas Dahm, Magdeburg www.kanzlei-dahm.de